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Aktuelles zur Dritthaftung des Abschlussprüfers

OGH 28.09.2021, 4 Ob 145/21h; 22.12.2021, 3 Ob 194/21g und 16.11.2021, 1 Ob 185/21v

Bankeninsolvenz führt zu Verfahren betreffend Dritthaftung des Abschlussprüfers

Die Insolvenz der burgenländischen C-Bank führt dazu, dass sich der Oberste Gerichtshof in jüngerer Zeit gleich mehrfach mit der Frage der sogenannten „Dritthaftung des Abschlussprüfers“ beschäftigen hat müssen und wohl auch zukünftig müssen wird.
In allen Entscheidungen werden die Grundsätze dieser Haftung dargelegt, die sich wie folgt zusammenfassen lassen:

Grundsätze der Abschlussprüferhaftung

Nach § 275 Abs 2 UGB ist der Abschlussprüfer verpflichtet, die betroffene Gesellschaft gewissenhaft und unparteiisch zu prüfen. Verletzt er diese Pflicht – vorsätzlich oder fahrlässig – und entsteht der geprüften Gesellschaft daraus ein Schaden, ist der Abschlussprüfer zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet.

Eine Besonderheit der Abschlussprüferhaftung ist, dass diese – außer bei vorsätzlichen Prüffehlern sowie bei einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht oder des Verwertungsverbots – der Höhe nach (in Abhängigkeit der Größe der geprüften Gesellschaft) gestaffelt beschränkt ist. Diese Regelung gilt auch für Bankprüfer, wobei § 62a BWG abweichende Haftungshöchstsummen, gestaffelt nach der Höhe der Bilanzsumme des jeweiligen Kreditinstituts, vorsieht.

Nach der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entfaltet der Vertrag zwischen dem Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft aber auch Schutzwirkungen zugunsten Dritter, die den Kreis der potentiellen Gläubiger der Gesellschaft umfassen. Stellt ein Abschlussprüfer schuldhaft einen unrichtigen Bestätigungsvermerk aus, so kann er daher auch Dritten, die im Vertrauen auf die Verlässlichkeit dieses Vermerks disponiert haben und dadurch einen Schaden erleiden, ersatzpflichtig werden (RIS-Justiz RS0116076; RS0116077; RS0129123).

Es besteht somit einerseits eine sondergesetzliche Haftung des Abschlussprüfers gegenüber der geprüften Gesellschaft (§ 275 UGB) sowie andererseits eine Dritthaftung gegenüber Anlegern, die aus dem Vertrag zwischen der Gesellschaft und dem Abschlussprüfer mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (bzw. aus objektiv-rechtlichen Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter; vgl RIS-Justiz RS0106433) abgeleitet wird.

Das Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks (OGH 28.9.2021, 4 Ob 145/21h)

In der Entscheidung OGH 28.9.2021, 4 Ob 145/21h stand das „Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Bestätigungsvermerks“ des geschädigten Anlegers im Mittelpunkt. Der vierte Senat führte wörtlich aus, dass ein „solches Vertrauen nicht nur durch die Kenntnis des konkreten Bestätigungsvermerks geschaffen werden [kann], sondern ist bei einer Beratung auch denkbar, wenn die auf die Anlageentscheidung positiv einwirkende Beratung von den erteilten Bestätigungsvermerken beeinflusst war. Dies setzt aber voraus, dass der Berater die Bestätigungsvermerke gekannt oder sonst von deren Erteilung erfahren hat (10 Ob 46/13g; 10 Ob 48/13a; 5 Ob 208/13v; 8 Ob 105/13v). Der Geschädigte kann sich auch auf eine solche mittelbare (indirekte) Kenntnis vom Bestätigungsvermerk stützen, auf die er bei seiner Disposition vertraut hat.“

Im gegenständlichen Fall hat der geschädigte Anleger aber weder behauptet noch bewiesen, dass er (unmittelbar oder mittelbar) auf die Richtigkeit des Bestätigungsvermerks vertraut hat. Dem Klagebegehren war demnach schon aus diesem Grund der Erfolg zu versagen.

Aufteilung der Haftungshöchstsumme zwischen geprüfter Gesellschaft und geschädigten Dritten (OGH 22.12.2021, 3 Ob 194/21g und 16.11.2021, 1 Ob 185/21v)

Die beiden anderen Entscheidungen hatten hingegen die Aufteilung der Haftungshöchstsumme zwischen geprüfter Gesellschaft und geschädigten Dritten im Fokus. Konkret ging es dabei um die Frage, ob die geprüfte Gesellschaft vorrangig (also vor allen Drittgeschädigten) zu befriedigen ist. Diese Frage ist vor allem dann relevant, wenn die behaupteten Ansprüche der geprüften Gesellschaft und der geschädigten Dritten die jeweilige Haftungshöchstgrenze des Abschlussprüfers übersteigen.

In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird ein solcher Vorrang der geprüften Gesellschaft ganz überwiegend vertreten. So wird primär damit argumentiert, dass die Einbeziehung Dritter in den Schutzzweck eines Vertrags nicht dazu führen könne, dass der eigentliche Vertragspartner seine Rechte aus dem Prüfvertrag nicht oder nur mehr eingeschränkt geltend machen könne.

Der OGH hat die einschlägige Literatur zwar wiedergegeben, die Beantwortung der Frage in den gegenständlichen Verfahren letztlich aber noch offen gelassen. Es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, ob sich die Ansicht der „vorrangigen Befriedigung der geprüften Gesellschaft“ letztlich durchsetzen wird.

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